Kaffee, das Erwachen:
Das klassische Modelfrühstück: Kaffee und Zigaretten, so hieß es lange Zeit und auch heute höre ich den Spruch immer wieder. Als Kind war ich der festen Überzeugung, dass Kaffee lediglich ein Genussmittel ist und es sich gar nicht lohnt mit dem Kaffeetrinken anzufangen. Erst später im Studium habe ich erfahren, dass Kaffee in den richtigen Mengen und mit der richtigen Zubereitungsart sogar gesund sein kann (das gilt allerdings nicht für Schwangere und Kinder)[1]https://bmcmedicine.biomedcentral.com/articles/10.1186/1741-7015-11-42. Aber wie kann das sein? Zählt Koffein nicht zu den bewusstseinsstimulierenden Substanzen und damit zu den Drogen? Oder ist das vielleicht sogar das Gesunde an Kaffee?
Kaffee, was genau ist das, wie wird er hergestellt und was steckt drin:
Die Kaffeebohne (eigentlich ein Kern, keine Bohne) wird aus einer Steinfrucht gewonnen und ist, solange sie noch am Baum hängt, von rotem Fruchtfleisch eingehüllt. Steinfrüchte sind Obstsorten, wie bspw. Pfirsiche oder Kirschen, die eine ledrige Haut haben, die eine dickere Schicht Fruchtfleisch umhüllt. Darin wiederrum sitzt ein harter Kern. Die Kaffebohne ist also der Kern der Kaffeefrucht. Es gibt zwei Möglichkeiten wie man aus der Kaffeefrucht eine dunkelbraune Bohne herstellen kann. Bei der Nassaufbereitung wird die Frucht über Nacht gequellt und danach das Fruchtfleisch entfernt, wobei eine kleine Schleimschicht zurückbleibt. Die Bohnen werden anschließend fermentiert und getrocknet. Bei der Trockenaufbereitung wird die Frucht mit dem Fruchtfleisch 2-3 Wochen an der Sonne getrocknet und das Fruchtfleisch wird danach abgelöst. Die Nassaufbereitung verbraucht mehr Wasser, hat aber gleichzeig eine höhere Qualität und ein intensiveres Aromaprofil durch die Fermentation.
Die getrockneten Bohnen werden ein letztes Mal gereinigt und dann geröstet. Beim Rösten entsteht durch die Maillard-Reaktion (Reaktion von Zucker mit Proteinen unter Hitze, was für das typische Röstaroma sorgt) Geschmack und Aroma. Bei industriellen Röstvorgängen werden höhere Temperaturen eingesetzt, wodurch mehr Schadstoffe (Melanodin und Acrylamid) gebildet werden. Je stärker die Röstung bzw. dunkler die Bohne, desto weniger sauer, aber auch desto bitterer schmeckt der Kaffee, da die Säure beim Rösten abgebaut wird. Die Säure im Kaffee ist schuld daran, dass es zu Magenbeschwerden und Reflux kommen kann, weshalb Kaffeetrinker mit einem empfindlichen Magen eher auf stärkere Röstungen zurückgreifen sollten[2]http://othes.univie.ac.at/3727/1/2009-02-24_0202248.pdf.
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Was verbindet Kaffee und Schokolade?
Koffein ist kein Einzelkind. Koffein gehört zu der Stoffklasse der Purinalkaloide, die von verschiedenen Pflanzen gebildet werden, wie auch der Kakaopflanze oder von Teepflanzen. Die Geschwister von Koffein sind ähnlich aufgebaute Substanzen, die ebenfalls eine anregende Wirkung auf den Körper haben. In Schokolade z.B. findet sich Theobromin, was mit dafür verantwortlich ist, dass wir behaupten „Schokolade macht Glücklich“ (mehr dazu in einem anderen Blogbeitrag)[3]https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-662-49564-3_3. Aber welche Wirkung genau hat Koffein auf uns? Durch Koffein werden wir merklich wacher, aber auch konzentrierter. Das liegt daran, dass Koffein einen Rezeptor in unserem Nervensystem blockiert, der normalerweise Adenosin bindet, ein Molekül, das unser Gehirn vor Überanstrengung schützen soll. Ist der Rezeptor blockiert, arbeitet unser Nervensystem munter weiter und wir werden nicht müde. Dieser Effekt setzt ca. 1-1,5 Stunden nach dem Kaffeetrinken ein und das Koffein braucht ca. 5 Stunden, um abgebaut zu werden[4]https://www.aerzteblatt.de/archiv/29172/Coffein-Umgang-mit-einem-Genussmittel-das-auch-pharmakologische-Wirkungen-entfalten-kann. Wenn man also morgens eine Tasse Kaffee trinkt und sich direkt wach fühlt, liegt das nicht am Koffein, sondern wahrscheinlich eher an der durch Cortisol bedingten Aufwachreaktion. Morgens schüttet der Körper eine größere Menge des Hormons Cortisol aus, das unseren Kreislauf mal so ordentlich anschubst. Die Tasse Kaffee nach dem Aufstehen ist deshalb sinnvoll, denn das Koffein fängt in etwa dann an zu wirken, wenn der Cortisolspiegel wieder abfällt und wir müder werden[5]https://neurolab.eu/infos-wissen/wissen/hormone/cortisol/.
Höhere Dosen Koffein lassen unser Herz schneller und kräftiger pumpen. Ich bekomme zum Beispiel nach zwei Tassen Kaffee Herzrasen und falls ihr Probleme beim Einschlafen habt, kann das auch am Koffein liegen. Auf Dauer können mittlere Mengen Koffein (200-250 mg/ Tag) auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen[6]https://link.springer.com/article/10.1007/s11886-013-0403-1. Der Körper kann sich auch auf eine dauerhafte Koffeinzufuhr einstellen[7]https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/studie-mit-vieltrinkern-kaffee-verliert-seine-muntermacher-wirkung-a-698509.html . Fällt das Koffein dann mal weg, z.B. weil man am Wochenende nicht so viel Kaffee trinkt wie im Büro, können sich Entzugserscheinungen in Form von Kopfschmerzen, Müdigkeit oder auch Angst und Depressionen äußern und bis zu drei Tage andauern[8]. In der Schwangerschaft sollte generell auf Koffein verzichtet werden, da Kinder, deren Mütter in der Schwangerschaft Koffein zu sich genommen haben, bei der Geburt im Schnitt 21-28 g pro 100 mg Coffein weniger wiegen[1]. Außerdem ist das Risiko für Fehlgeburten und Schwangerschaftsabbrüche erhöht[1].
Was ist so gesund an Kaffee?
Wenn man das so hört, könnte man meinen, Kaffee wäre schädlich für den Menschen, vor allem weil es ja auch in der Schwangerschaft gefährlich ist. Da zeigt sich aber mal wieder, dass man Daten für bestimmte Personengruppen nicht direkt auf alle übertragen kann. Für die allermeisten Lebensmittel gilt, dass sie sowohl gesund als auch ungesund sein können. Kaffee kann sich also bei Erwachsenen negativ auf das Herz-Kreislauf-System auswirken[6]. Aber Kaffee hat auch viele gesundheitsfördernde Effekte, die die potenziell schädlichen Effekte überlagern. Kaffee ist reich an Antioxidantien (die in diesem Fall der Stoffgruppe der Polyphenole zuzuordnen sind) und auch an weiteren pflanzlichen Inhaltsstoffen[8]. Die Antioxidantien im Kaffee wirken im Körper Entzündungsreaktionen und der Krebsentwicklung entgegen, schützen vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen und stehen sogar im Verdacht, vor Alzheimer und Demez zu schützen[8].
Durch seine anregende Wirkung wird vermutet, dass Kaffee beim Gewichtsverlust unterstützen kann und das Risiko für Typ II Diabetes senken kann[8]. Im Sport findet Koffein ebenfalls seine Verwendung und kann zur Leistungssteigerung in moderaten Mengen eingesetzt werden[8] (damit sind keine Koffeintabletten gemeint, sondern die Aufnahme direkt über den Kaffee). Außerdem ist Kaffee reich an einer Substanz namens Trigonellin. Diese wird beim Röstprozess zu Niacin umgewandelt, was im Volksmund auch bekannt ist als Vitamin B3[8]https://link.springer.com/article/10.1007/s11886-013-0403-. Vitamin B3 ist auch in vielen tierischen Lebensmitteln zu finden. Deshalb kann Kaffee gerade bei einer pflanzenbasierten Kost eine wichtige Vitamin B3 Quelle sein. Abschließend sei gesagt, dass Kaffee das Sterblichkeitsrisiko im Durchschnitt bei einer mittleren Kaffeezufuhr (meist wird von 200-250 mg Koffein pro Tag gesprochen[8] senkt[9]https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7353358/.
Tabelle 1: Koffeingehalt in Getränken pro 100 mL[10]https://www.gourmesso.de/blogs/news/kaffee-tee-energy-drinks-wie-viel-koffein-ist-drin.
Getränk | Koffeingehalt auf 100 mL |
Schwarzer Kaffee | 80 mg |
Espresso | 110 mg |
Grüner Tee | 10-20 mg |
Schwarztee | 25-50 mg |
Coca-Cola | 10 mg |
Club Mate | 20 mg |
Red Bull | 32 mg |
Wie trinke ich meinen Kaffee am besten?
Ich frage mich eigentlich immer, wie ich aus einem Lebensmittel das Maximum an Gesundheit herausholen kann. Bei Kaffee ist das keine leichte Frage, aber ich habe ein paar Publikationen gewälzt, um eine passende Antwort darauf zu finden.
Die erste Frage war für mich, ob Kaffee besser mit oder ohne Milch getrunken werden sollte. Die in einer Diplomarbeit veröffentlichten Daten ergaben, dass die Zugabe von 30 mL Milch auf 100 mL Kaffee die antioxidative Kapazität bei fast allen Kaffeesorten signifikant senkte[2]. Andererseits kann Milch die Menge an Chlorogensäure im Kaffee reduzieren, was den Kaffee magenverträglicher macht[2]. Wer also lieber mehr Antioxidantien zu sich nehmen möchte, sollte weniger Milch zum Kaffee dazugeben, wer einen empfindlichen Magen hat, kann sicher auf einen Teil der antioxidativen Kapazität verzichten und den Kaffee mit Milch genießen. Leider habe ich keine Daten dazu gefunden, wie es sich mit pflanzlicher Milch verhält, aber da der Effekt der Milch mehr auf die Proteine und Fette darin zurückzuführen ist, denke ich, dass sich Sojamilch ähnlich auswirkt, die eine vergleichbare Menge an Protein (ca. 3,5 g/100 mL Sojamilch[11]https://www.gesundheit.de/ernaehrung/lebensmittel/soja/sojamilch, 3,3 g/100 mL Kuhmilch[12]https://milchindustrie.de/milkipedia/eiweiss/) und Fett (2,2g/100 mL Sojamilch[13]https://www.gesundheit.de/ernaehrung/lebensmittel/soja/sojamilch 3,5-3,8 g/100 mL Kuhmilch) enthält. Die antioxidative Kapazität ist außerdem bei Espresso höher als bei Filterkaffee[2].
Was mich direkt zur zweiten Fragestellung bringt. Welche Zubereitungsmethode ist die beste für Kaffee. An dieser Stelle rufen wir uns in Erinnerung, dass Kaffee theoretisch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen kann, dieser Effekt jedoch teilweise durch die positiven Eigenschaften von Kaffee aufgehoben wird. Eine Metastudie (eine Studie, die die Ergebnisse mehrere Studien zusammenfasst und gewichtet) kam zu dem Schluss, dass 3-4 Tassen Filterkaffee oder Instantkaffee pro Tag das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wahrscheinlich nicht erhöhen. Andere Zubereitungsmethoden jedoch können, vor allem bei hohem Kaffeekonsum, ein Risiko bergen[8]. Das liegt an zwei Fettmolekülen (Cafestol und Kahweol), die beim Filterkaffee im Filter hängen bleiben. Einen Theorie weshalb der Instantkaffee in die Selbe Kategorie wie der Filterkaffee fällt, habe ich leider nicht gefunden, womöglich bleiben die Fettmoleküle ebenfalls beim Herstellungsprozess hängen. Bei dem mehrfach aufgebrühten Mokka und dem mit hohem Druck zubereiteten Espresso gelangt ein größerer Anteil dieser Fettmoleküle in das fertige Heißgetränk[8]. Diese sind mit verantwortlich für ein erhöhtes Herz-Kreislauf-Risiko. Deshalb meine Empfehlung: Lieber auf den guten alten Filterkaffee zurückgreifen.
Die letzte Frage, die ich mir gestellt habe, war, ob das Gesunde an Kaffee das Koffein selbst ist. Wie in den vorangegangenen Abschnitten erwähnt, hat Koffein sicherlich einen Einfluss auf den Kreislauf. Der Großteil scheint aber auf andere bioaktive Stoffe wie z.B. die Chlorogensäure zurückzuführen zu sein und ist vergleichbar mit dem Effekt von Obst und Gemüse[9]. Für mich, als jemand er Koffein nur schlecht verträgt, ist das eine sehr erfreuliche Nachricht. Das bedeutet, ich kann weiterhin meinen koffeinfreien Kaffee schlürfen und trotzdem auf den Schutz vor ernährungsbedingten Krankheiten wie Typ II Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und neurodegenerativen Krankheiten hoffen. Ein letzter Tipp auf den Weg: Zu lange Lagerung lässt die Aromastoffe aus dem Kaffeepulver entweichen und den Kaffee schal schmecken[2]. Wartet also lieber nicht zu lange, bevor ihr euch eine Tasse aufbrüht.
von Lara Peters
Quellen
Als begeisterte Kaffeetrinkerin bin ich über einen erhöhten Homocysteinspiegel (Gefäßgift) darauf gekommen, dass er sich durch Reduzierung des Konsums auf 1 Becher Filterkaffee täglich massiv absenken lässt – wahrscheinlich sind Deine 3-4 Tassen = 2 Becher auch in Ordnung. Werde das über die nächsten Jahre versuchen. Jedenfalls ist die zur Zeit verbreitete StändigKaffeetrinkerei offenbar gefährlich – auch hier macht die Dosis das Gift… liebe Grüße und danke für Deinen Blog