Die Begegnung:
Vor ein paar Wochen bin ich im Supermarkt an der Gemüseabteilung vorbeigeschlendert. Da sehe ich zwischen vakuumierten Esskastanien und ein paar Säcken Zwiebeln ein kleines, edel wirkendes Döschen. Darüber thronte in prunkvollen Worten die Aufschrift Schwarzer Knoblauch. Mein erster Gedanke war: „Dann ist dieses Nischenprodukt wohl doch nicht mehr so unbekannt.“ Ich habe mir gleich eine der überteuerten (5,79 Euro pro 65 g) Dosen gekrallt, da ich bei mir noch unbekannten Geschmäckern einfach schwer widerstehen kann. Daheim hat die Dose dann auch nicht lange gehalten. Darin befanden sich, wer hätte es gedacht, schwarze Knoblauchzehen. Der Geschmack war leicht süßlich, fast schon karamellig und die Zehen hatten eine gummiartige Konsistenz. Mein Freund, mit seinem pfälzer Gaumen, hat nur die Nase verzogen und sich dann schnell verkrümelt, bevor ich ihm noch mehr Kostproben von der japanisch/thailändisch/koreanischen Spezialität andrehen konnte[1]https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1021949816301727. Aber er hatte Glück: Mir lag nicht sonderlich viel daran, den kleinen, essbaren Schatz zu teilen. Das führt mich schon mal zu meinem ersten Statement, der Geschmack von schwarzem Knoblauch ist…..nun ja, Geschmackssache.
Was ist schwarzer Knoblauch:
Aber was ist schwarzer Knoblauch überhaupt? Schwarzer Knoblauch ist nicht etwa eine neue Sorte Knoblauch, sondern Knoblauch, der bei 60-90 °C für 2-4 Wochen bei 80-90 % Luftfeuchtigkeit gelagert wurde. Es handelt sich nicht um einen Fermentationsprozess, wie es fälschlicherweise in vielen Artikeln beschrieben wird. Vielmehr kommt es bei den erhöhten Temperaturen zu einer Reaktion von Aminosäuren (den Bausteinen, aus denen Proteine bestehen) und Zuckermolekülen: der Maillard-Reaktion, die zu den braunen Melanoidin-Molekülen reagieren[1]. Daher kommt auch die schwarze Farbe. Diese Moleküle sorgen auch bei angebratenem Fleisch, gebackenem Brot oder Toast und anderen eiweißreichen Lebensmitteln für den typischen Geschmack.
Das großartige an schwarzem Knoblauch ist, dass man nach dem Essen nicht so herausfordernd duftet. Auch am nächsten Tag bleibt man als Knoblauch-Ninja unerkannt und fällt nicht durch einen unangenehmen und intensiven Geruch auf. In frischem Knoblauch ist der gesunde Inhaltstoff Allicin für die allseits bekannte Knoblauchfahne verantwortlich ist. Allicin ist reich an Schwefel, welcher geruchlich unverkennbar ist. Unsere Nase ist darauf trainiert, Schwefelgeruch selbst in geringen Konzentrationen wahrzunehmen und den dazugehörigen Körper schnellstmöglich von der Schwefelquelle zu entfernen. Dies war und ist für uns als Menschen überlebenswichtig, da die Verbindung aus Schwefel und Wasserstoff, Schwefelwasserstoff (H2S) bereits in geringen Dosen giftig wirken kann. Schwefelwasserstoff findet sich vor allem in vulkanischen Gasen, aber auch bei Fäulnisprozessen und Verwesung. Riecht also etwas nach faulen Eiern, wusste bereits der frühe Mensch: ACHTUNG nicht essen. Vor dem guten Knoblauch muss man allerdings keine Angst haben, da der Schwefel in einer ungefährlichen Form gebunden vorliegt.
Herstellung von schwarzem Knoblauch:
Die Temperatur und Dauer, bei der der Knoblauch in schwarzen Knoblauch umgewandelt wird, hängen miteinander zusammen. Je niedriger die Temperatur, desto länger der Prozess. Bei 60°C wird der Knoblauch nicht komplett schwarz und der Prozess kann sich über 4 Wochen hinziehen. Ist die Temperatur zu hoch (90°C) wird der Knoblauch bitter und sauer, da bei der ablaufenden Reaktion mehr Zuckermoleküle umgewandelt werden. 70°C ist die Idealtemperatur zur Herstellung von schwarzem Knoblauch das Produkt schmeckt angenehm süßlich und der Prozess dauert halb so lang wie bei 60°C.[1]
Natürlich wollte ich dann auch meine eigenen Erfahrungen sammeln. Also habe ich mir eine große Portion Knoblauch gekauft. Um den Knoblauch konstant in einer warmen, feuchten Umgebung zu halten, braucht es jedoch ein geeignetes Küchengerät. Da ich unseren Ofen nicht für mehrere Wochen dauerblockieren wollte, probierte ich es zunächst mit meinem Joghurt Maker. Schnell musste ich einsehen, dass das gute Stück nicht genug Wärme erzeugen kann und womöglich sogar kaputt war. Ich habe mich natürlich nicht unterkriegen lassen, sondern mein kleines Experiment viel mehr als Anlass genommen, wieder einmal meiner Kauflust auf Küchengeräten nachzugeben. Seit Kurzem bin ich also stolze Besitzerin eines (gebraucht gekauften) OnePots. Mit dem OnePot konnte ich den Knoblauch dank der Warmhaltefunktion für Reis tatsächlich dauerhaft beheizten. Mein schickes (nicht mehr ganz so) neues Küchengerät hat leider keine Temperaturanzeige, aber aufgrund des Endresultats lässt sich vermuten, dass ich den Knoblauch ca. bei 60°C verarbeitet habe. Das Ergebnis war nicht tiefschwarz, sondern vielmehr hellbraun und im Geschmack weniger süßlich als die Supermarkt-variante, jedoch immer noch spitzenklasse. Und ich kann bestätigen, dass man ohne Bedenken 10-12 Zehen roh verspeisen kann und am nächsten Tag nicht wie eine Aussätzige behandelt wird. Auch das Endprodukt hält sich nun schon seit vielen Wochen in meinem Kühlschrank und soll ein ganzes Jahr durchhalten. Schwarzen Knoblauch selbst herzustellen ist also verhältnismäßig günstig (vorausgesetzt man hat ein entsprechendes Gerät daheim) und das Endergebnis lässt sich sehen. Es gibt jedoch einen großen Haken bei der Geschichte. Auch wenn ich selbst keine Knoblauchfahne bekomme, so strömte jedoch mehrere Wochen lang ein intensiver Knoblauchduft durch unsere Küche. Ich hatte ständig Lust auf ein herzhaftes Gericht und mein Freund fragte sich die ganze Zeit warum ausgerechnet seine Freundin solch seltsame Essgewohnheiten haben muss. Besonders intensiv war der Geruch in meinem nur wenig dichten Jogurtbereiter. Etwas weniger schlimm war es hingegen mit dem OnePot.
Wirkung:
So, jetzt kommen wir aber auch mal zum Eingemachten. Was kann der schwarze Knoblauch? Im Vergleich zu frischem Knoblauch weist schwarzer Knoblauch mehr bioaktive Stoffe auf, ohne den oben erwähnten unangenehmen Geruch zu verbreiten. Bioaktive Stoffe sind Substanzen, die sich in unserem Essen finden, keinen relevanten Nährstoffgehalt haben, aber anderweitig (z.B. gesundheitsfördernd) auf unserem Körper wirken können. Schwarzer Knoblauch zeigte in einigen Experimente antiallergische, antidiabetische, antiinflammatorische, antikarzinogene (Karzinom = Krebsgeschwür), antiobese (obese = Übergewicht) und leberprotektive Wirkung[1]. Einige der Begriffe sind selbsterklärend, doch ich denke es lohnt sich, auf den viel ausgeschlachteten Begriff antioxidativ ein wenig näher einzugehen.
Antioxidantien
Überall in der Luft, im Essen, in der gesamten Umwelt gibt es freie Radikale. Das sind kleine Bösewichte, die den kleinsten Strukturen unseres Körpers, den Zellen, schaden können. Antioxidantien sind sozusagen die Bodyguards unseres Körpers. Sie schmeißen sich in die Schusslinie der freien Radikale, sodass diese unserem Körper nichts mehr anhaben können. Unsere Zellen haben außerdem auch eigene Schutzmechanismen, gewisse Enzyme. Die Enzyme können, nachdem die freien Radikale einen Schaden in der Zelle angerichtet haben, diesen wieder beheben. Dieser Reparaturdienst wird ebenfalls durch schwarzen Knoblauch in Schwung gebracht und schützt unseren Körper somit gleich doppelt[1]. All diese Effekte hat bereits der frische Knoblauch, der für sich genommen ein sehr gesundes Lauchgemüse ist. Im schwarzen Knoblauch sind sie noch verstärkt[1]
Falls du also das Glück hast, mal eine Portion schwarzen Knoblauch im Supermarkt zu finden, lauf nicht gleich daran vorbei, denn glaub mir, es lohnt sich.
von Lara Peters
2 Kommentare zu “Schwarzer Knoblauch”